"Mama, wie war das eigentlich damals bei den Römern?" fragt mich meine siebenjährige Tochter einmal beim Mittagessen. Vor ein paar Tagen hatten sie in der Schule kurz von den Römern gehört, erzählt sie mir, und das hat offenbar ihr Interesse geweckt. "Waren die Römer vor den Dinosauriern, oder nachher?", wirft sogleich meine Vierjährige die nächste Frage ein; und so beginne ich ein wenig zu erzählen.
Wie unvorstellbar lange die Zeit des Römischen Reichs schon her ist (und wie viel länger die Zeit der Dinosaurier) und wie viel wir trotzdem - dank Ausgrabungen - davon wissen. Von einer Stadt, gar nicht so weit weg, in der knapp 50.000 Römer:innen lebten und in der man noch heute auf eindrucksvolle Weise das Leben vor über 2000 Jahren entdecken kann. Zwei Wochen später stehe ich mit meiner Familie vor den Toren Carnuntums. Denn eins ist klar, einmal durch römische Häuser und über römische Straßen spazieren ist tausend Mal besser, als einfach nur davon zu erzählen.
Die römische Siedlung Carnuntum und ein Museum mit drei Standorten
Vor rund 1700 Jahren, zwischen dem 1. und 4. Jahrhundert nach Christus gab es in den heutigen Gemeinden Petronell-Carnuntum und Bad Deutsch Altenburg eine große römische Siedlung. Eigentlich war es sogar eine der bedeutendsten Siedlungen des Römischen Reiches, eine Metropole mit geschätzten 50.000 Einwohnern. Mit einer Militärstadt, Lagervorstadt, Zivilstadt, mit einer Lagerumfassung, einer Gladiatorenschule und zwei Amphitheatern auf rund 10 Quadratkilometern.
Teile (0,5%) dieser unfassbar große Siedlung wurden in den letzten Jahrzehnten erforscht, ergraben, rekonstruiert und zu einem großartigen Museumskomplex gestaltet. Mit dem Museumsticket gibt's Zugang zu drei Standorten, die aber allesamt miteinander verknüpft sind: das Freilichtmuseum Petronell–Carnuntum, das Amphitheater in Bad-Deutsch Altenburg und das Museum Carnuntinum.
Die Römerstadt Carnuntum
Unser Ausflug konzentriert sich heute - so wie eigentlich meistens - auf das Freilichtmuseum in Petronell- Carnuntum. An jenem Ort, an dem Besucher:innen römische Häuser entdecken können und an dem 308n Chr. die Zeit stehen bleib, als in Carnuntum eine wichtige Kaiserkonferenz stattfand.
Wir näher uns langsam dem Jahr 308. Denn bevor wir nach draußen gehen, mitten hinein in die Stadt, informieren wir uns zuerst ein wenig mehr über die Zeit, über die Römer und die Ausgrabungen. Meine Töchter hören gespannt, was der Lehrer, Gärtner und Schulmeister zu erzählen hat (über Kopfhörer), während ich entlang der ausgegrabenen römischen Grabsteine gehe. Der anschließende Film auf Großbildleinwand versetzt uns noch mal ein Stück zurück in der Zeit. Während wir beobachten, wie die Soldaten durch die Donaulandschaft streifen nähern wir uns gedanklich an die Zeit des großen Römischen Reiches an.
Dann gehen wir hinaus. Begeistert flaniere ich über die ehemaligen Römerstraßen, lasse den Blick über das Areal streifen und erreiche bald die einzelnen rekonstruierten Häuser. Fünf Gebäude wurden in der Römerstadt Carnuntum anhand archäologischer Untersuchungen auf römischen Grundriss vollkommen rekonstruiert, möbliert und ausgestattet.
Über das Leben und die Errungenschaften der Römer
Und ja, es begeistert mich sehr. Mir vorzustellen, dass hier, genau hier, wo ich jetzt stehe, schon vor 1700 Jahren jemand gestanden, gelebt, sein Tagwerk verrichtet, Tücher gewebt, oder Öl verkauft hat. Die fünf Häuser geben ein wirklich anschauliches Bild des damaligen Lebens, auch wenn es nur ein winzig kleiner Ausschnitt, eine Momentaufnahme ist. Raum für Raum und Haus für Haus entdecken wir mehr aus der Zeit der Römer.
Wir durchstreifen die alten Küchen, die voller Gerüche sind, staunen über die kleinen Wachstafeln zum Schreiben, die bunten Räume, mächtigen Säulen, schauen durch kleine Fenster und auf kunstvolle Mosaike im Boden. Dank der vielen Details, die zur Einrichtung und Ausstattung der Häuser gehören, fällt es uns nicht schwer, uns vorzustellen die Häuser wären bewohnt und nach wie vor voller Leben. Besonders die Therme mit ihren gemütlichen Liegen und das Haus des Tuchhändlers Lucius (aus der gehobenen Mittelschicht) gefällt den Kindern. Letzteres gefällt ihnen so gut, dass sie beschließen "im Spiel" hier einzuziehen und so bleiben wir erstmal. Mein Mann und ich sitzen im gemütlichen Innenhof, streifen durch die große Küche, während die Kinder die Spiele ausprobieren und von einem Raum zum nächsten Laufen.
Nach einer kleinen Pause unter einer Kastanie (bei der wir noch ein paar interessante Fakten nachlesen), drehen wir eine letzte Runde. Das Haus des Lucius soll noch einmal besucht werden und der Spielplatz lockt ebenfalls mit tollen Klettermöglichkeiten. Als der Herbstwind aber zu stark wird, brechen wir auf und machen uns auf den Heimweg.
Das Amphitheater in Bad-Deutsch Altenburg
Während wir dieses Mal müde nach Hause fahren, folgte bei meinem letzten Besuch noch eine kurze Autofahrt zum Amphitheater in Bad Deutsch Altenburg. Das römische Monument ist nicht völlig wiederaufgebaut, doch die zahlreichen Reste vermitteln ein gutes Bild der damaligen Anlage. Fehlende Teile wurden außerdem wie Puzzlestücke als Zeichnung ergänzt.
Das Museum Carnuntinum
Als dritter Standpunkt des Archäologieparks Carnuntum zeigt das Museum Carnuntinum eine Ausstellung „A.D. 313 – Von Carnuntum zum Christentum“. Und ist zugleich größtes Römermuseum Österreichs. Hier werden die Funde der Ausgrabungen in Carnuntum ausgestellt, hier ist quasi die Schatzkammer des Archäologieparks Carnuntum.
Mein Fazit zur Römerstadt Carnuntum:
Ein wirklich tolles Ausflugsziel für Kinder ab dem Schulalter und natürlich alle geschichtsinteressierte Erwachsene. Hier lässt sich auf extrem anschauliche Weise die Welt der Römer nachvollziehen und das auf Originalstandort. Ein Ort in Niederösterreich, den man gesehen haben sollte.
Weitere Tipps
Wenn du nicht möchtest, musst du dir nicht alle drei Standorte auf einmal ansehen. Das Ticket einfach aufheben und bis Saisonende nochmals kommen.
Hunde sind an der Leine zu führen und im Stadtviertel und beiden Amphitheatern erlaubt. Im Museum Carnuntinun sind Hunde nicht erlaubt.
Kinderwägen und Rollstühle sind teilweise am Areal möglich. Die Römerstraße ist aber stellenweise schlecht zu befahren und die Häuser teilweise über höhere Stufen oder Unebenheiten zu betreten. Ganz detaillierte Beschreibungen zum Thema Barrierefreiheit gibt’s auf der Website der Römerstadt Carnuntum.
Kinder finden im der Römerstadt Carnuntum einen Spielplatz, kleine Wanderwege und haben unter 11 Jahren freien Eintritt. Mit dem NÖ-Familienpass können Familien um 10 Euro pro Familie das Museum besuchen.
Führungstickets können online erworben werden, Restplätze gibt’s an der Kassa vor Ort.
Autorin Claudia Schlager
Reise-, Ausflugs- und Fotoenthusiast, Storyteller, 2fache Mädchenmama, Kunsthistorikerin, Genussmensch und Naturliebhaberin aus dem südlichen Niederösterreich. Mit freets verbinde ich seit 2015 einen Großteil meiner Leidenschaften und gebe regelmäßig Einblick in meine kleinen und großen Entdeckungen.
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