Sonnig ist es. Ein richtig strahlender Herbsttag. Bei uns zu Hause wär' kaum eine Jacke nötig, hier im Steirischen, auf über 1000 Meter Seehöhe, ist es trotz Sonne deutlich kühler. Doch der ansteigende Weg vom Parkplatz bis hinauf zu Peter Roseggers Waldheimat wärmt uns ordentlich auf. Kurve um Kurve schieben wir den Kinderwagen samt kleiner Madame vor uns her. Der Aufstieg von 1,7km ist in Summe wohl nicht allzu steil, doch im 6. Schwangerschaftsmonat kann auch so etwas schnell anstrengend werden. Immer wieder nerve ich meine Eltern mit der Frage, wie weit es denn noch sei. „Noch eine Kurve“, die Antwort, die ich höre. Mehr als einmal. Manches änder sich anscheinend nie.
Dass es wohl nicht so steil ist, wie ich es gerade in meiner Situation empfinde, bestätigen mir auch die beiden Schulklassen, die uns begegnen. Wenn unter 10jährige den Weg schaffen, dann wohl auch wir, denke ich neu motiviert. Übrigens war auch ich bei meinem letzten Besuch in dem Alter. Ein wenig verschwommen ist die Erinnerung an die Waldheimat und Waldschule des Peter Rosserggers. Bald erspähe ich erste Anzeichen einer Behausung. Das muss es sein, denn sonst ist da ja auch nichts. Der Kluppeneggerhof, ehemalige Heimat der Familie Roseggers, liegt völlig alleine.
Oben am Kluppeneggerhof bei Roseggers Waldheimat
Ich kann mir nicht vorstellen, wie es sein musste hier im 19. Jahrhundert zu wohnen. Wie es war durch den Tiefschnee zu Fuß ins Tal und erst wieder hinaufzukommen, mit Einkäufen, vielleicht im Dunkeln. Heute neigen wir ja eher dazu, das Bild eines einsamen Bergbauernhofs zu romantisieren. Der Hof liegt idyllisch in der friedlichen Landschaft. Alleine, fernab von Hektik und Sorgen. Der geflochtene Holzzaun, die kleinen Fenster in den dunklen abgewetterten Holzwänden der Häuser, die vom jahrhundertelangen Bestehen zeugen. Dahinter der offene Schuppen mit den alten Holzschlitten, ein Stück weiter die grandiose Aussicht.
Allein für dieses Bild aus einer anderen Zeit lohnt es sich Roseggers Waldheimat aufzusuchen. Denn - ganz neben dem historischen Stellenwert, den der Hof dank seines berühmten Bewohners einnimmt - punktet auch die Architektur an sich. Schon im 15. Jahrhundert soll hier ein Bauernhof gestanden sein, der Trambaum in der großen Stube des Kluppeneggerhofs verrät das Alter des derzeitigen Hofs: 1744. 99 Jahre später kam hier, in der großen Stube Peter Rosegger zur Welt.
Heimat und Kindheit Peter Roseggers
Der Grund, warum wir hier sind und überhaupt so viele Menschen herkommen ist aber der steirische Dichter. Der innerhalb dieser Wände aufwuchs und ein hartes Leben als Waldbauernbub führte. Wie prägend seine Kindheit für ihn war, zeigen auch seine Werke. Auch der Rundgang durch den Hof lässt das vermuten. Die geduckten Räume, die kleinen Fenster, der beißende Geruch in der Rauchkuchl, der sich nach all den Jahren gehalten halt, erzählen von früheren Tagen. Auch draußen, in den Ställen, setzt sich das Bild fort.
Die Kinder jener Zeit wohnten hier natürlich nicht nur, sie mussten anpacken und mithelfen. So ist beispielsweise überliefert, dass der damals 10jährige zu Weihnachten hinunter ins Dorf gehen musste. Eine über 1stündige Wanderung, um Schulden einzutreiben und einzukaufen. Als Bauer hätte sich Peter jedoch nur wenig geeignet, wie man im Museum liest. Vielmehr hätte er eigentlich Schneider werden sollen und ging deswegen mit 17 Jahren nach St. Kathrein am Hauenstein. Dort zog er von Hof zu Hof und begann, Volkslieder und Geschichten, die man sich dort erzählte, aufzuschreiben. Der Beginn etwas Großen: einer Laufbahn als Dichter und Autor.
Ein Rundgang in einer anderen Welt
Langsam bewege ich mich innerhalb der Räume, lese die Geschichte des "Waldbauernbubs", versuche mir die damalige Zeit vor mein geistiges Auge zu rufen. Die teils erhaltene Ausstattung und die Architektur des Bauernhofs aus dem 18. Jahrhunderts helfen dabei sehr gut. Nach einer kleinen Jause im kleinen Café, zahlreichen Blicken über die Gegend und einen Abstecher in die Ställe begeben wir uns wieder hinunter ins Tal. Dort wartet noch ein Haus, das wir uns genauer anschauen wollen.
Die Waldschule von Peter Rosegger
Anders als vielleicht vermutet besuchen wir nicht die Schule, die Peter Rosegger in seiner Kindheit aufgesucht hatte. Zu dieser Zeit stand Schulbildung nicht an der Tagesordnung. Trotz Schulpflicht, doch weit oben am Alpl herrschten andere Bedingungen. Peter Rosegger hatte aber Glück und wurde mit anderen Kindern von einem verstoßenen Lehrer unterrichtet. Er erkannte offenbar die Notwendigkeit von Bildung und eröffnete Jahre später, 1902, selbst eine Schule : die Waldschule.
Unten im Tal, im Ort, hat sich diese erhalten und steht neugierigen Besuchern offen. Im Obergeschoss ist noch eine der originalen Schulklassen erhalten (mit obligatorisch, in kurrenter Schrift, beschriebener Kreidetafel, die immer weniger Menschen entziffern können). Daneben ein Zimmer, welches man den Dichter eingerichtet hat. Als Rückzugsort, als Arbeitszimmer. Auch hier haftet das ganz eigene Flair des Besonderen. Denn auch hier wurde nichts verändert, alles ist, wie es Peter Rosegger zurück gelassen hat. Die Schreibmaschine am Schreibtisch, das kleine Sofa im Eck. Mit ein wenig Vorstellungskraft lässt sich hier also sehr gut nachvollziehen, wie der berühmteste Mann der Gegend hier lebte und arbeitete.
Mein Fazit zur Roseggers Waldheimat & Waldschule
Ein idyllisch gelegener, alter Bauernhof, der Besucher:innen ein wenig in die damalige Welt tauchen lässt. Das Museum ist klein, aber sehr informativ und interessant und natürlich dank Verortung am historischen Ort des Geschehens ganz besonders. Uns hat's gefallen, auch der Abstecher in die Waldschule.
Weitere Tipps von freets
Hunde dürfen leider nicht ins Museum, sie können aber bei der Waldheimat ohne Probleme angeleint und kurz vor der Tür gelassen werden. Auch wir haben das so gemacht.
Die Waldheimat ist ein beliebtes Ausflugsziel für Schulklassen. In den Sommerferien ist es hier natürlich ruhiger.
Der Weg hinauf ist mit Kinderwagen befahrbar, die Waldheimat ist abgesehen von ein paar Schwellen barrierefrei, die Waldschule nicht.
In der Nähe der Waldschule befindet sich ein Parkplatz, der gut beschildert ist.
Christmettenweg: Peter Rosegger und seine Familie gingen mehrmals im Jahr in die Kirche, natürlich auch zu Weihnachten. Der Weg, den sie zurücklegten ist heute als Christmettenweg bekannt. Am Weihnachtsabend gibt’s hier geführte Wanderungen vom Hof zur Kirche.
Autorin Claudia Schlager
Reise-, Ausflugs- und Fotoenthusiast, Storyteller, 2fache Mädchenmama, Kunsthistorikerin, Genussmensch und Naturliebhaberin aus dem südlichen Niederösterreich. Mit freets verbinde ich seit 2015 einen Großteil meiner Leidenschaften und gebe regelmäßig Einblick in meine kleinen und großen Entdeckungen.
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